
Warum Architektur?
Ich bin in einem sehr radikalen Architektenhaus der 1960er Jahre aufgewachsen. Durch den Beruf meines Vaters lernte ich während meiner Kindheit und Jugend viele Künstler und Architekten kennen. All das hat mich extrem geprägt.
Was reizt dich daran?
Die Architektur als Schnittstelle zwischen dem Künstlerischen und dem Ingenieurwesen. Noch viel mehr reizt mich aber die Individualität. Beim privaten Bauen ist die Persönlichkeit der Bewohner maßgeblich, beim Bauen für Firmen oder Institutionen gibt die Unternehmenskultur und -philosophie die Richtung vor.
Auch die Zwischenmenschlichkeit gefällt mir. Am Ende ist Architektur nicht nur eine Dienstleistung für die Bauherren, sondern viel mehr ein gemeinsamer Schaffensprozess, der nur mit dem vollen Engagement und dem Einsatz vieler Beteiligter zu dem angestrebten Ergebnis führt.


Was ist deine Aufgabe in diesem gemeinsamen Schaffensprozess?
Der Architekt bringt alle Beteiligten an einen Tisch. Mir geht es nicht um eine starke Autorenschaft, obwohl ich glaube, dass es dafür bei ausgewählten Projekten eine Berechtigung und Notwendigkeit gibt. Mir persönlich geht es jedoch um das Finden von Lösungen, die konkret auf die Bedürfnisse der Bauherren eingehen. Das Projekt muss für den Kunden eine Weiterentwicklung, eine nächste Stufe der Auseinandersetzung mit Architektur darstellen.
Architektur als Schnittstelle zwischen Kunst und Ingenieurwesen – Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus?
Seit jeher begeistert mich Technik, aber nicht als Selbstzweck, sondern zum Ermöglichen von Dingen, die ansonsten nicht möglich gewesen wären.In der Architektur interessiert mich daher vor allem eine Reinheit und Lesbarkeit im Detail. Ich habe zum Beispiel einen extrem hohen Anspruch an die Perfektion und Sauberkeit von Grundrissen, Räumen und den menschlichen Maßstab. Ich glaube nicht an

gestaltete Fassaden, sondern an eine Entwicklung der Hülle des Gebäudes von innen, das heißt aus der Funktion, dem Grundriss und den Räumen heraus.
Ich folge auch keinem ästhetischen Still, sondern will Gebäude entwerfen, die in enger Auseinandersetzung mit dem Kunden einen größten Nutzen, Zufriedenheit und Identifikation schaffen


Ist das nicht gewagt – als Architekt zu sagen, man folge keinem ästhetischen Stil?
Ich glaube, dass ich meiner Aufgabe als Architekt nicht gerecht werde, wenn ich nur einer bestimmten Stilrichtung folge. Die große Chance und Verantwortung jedes Projektes liegt darin, eine Architektur zu entwerfen, die den Anspruch und die Identität des Kunden wiederspiegelt. Sei es eine international operierende, zukunftsorientierte Firma oder eine Familie. Gleichzeitig sollte man aber auch die sozialen, kulturellen und regionalen Bedingungen

berücksichtigen. Folge ich immer nur einem festgelegten Stil, werde ich dieser Verantwortung nicht gerecht.
Ich bin dagegen, dass bei Projekten nur der Gebäudeform wegen ein konstruktiver Überaufwand betrieben wird. Für mich ist gute Architektur zeitlos, durabel und ehrlich.
Zeitlos, durabel und ehrlich: wie zeigt sich das in deinen Projekten?
Ich fühle mich verpflichtet, die Idee von Transparenz, Klarheit, Plausibilität, Ehrlichkeit des Materials, Lesbarkeit der gebauten Form, Dauerhaftigkeit und Zeitlosigkeit in meinen Projekten umzusetzen.
Ich glaube, dass Gebäude selbsterklärend, einfach zu verstehen und funktional sein sollen, damit sie den Rahmen und nicht den Inhalt für das Leben und die Arbeit schaffen. Egal ob ein Raum in einem Gebäude oder in der Stadt ist, es gibt verschiedenste

Anforderungen an Funktion und Maßstab. Wichtig ist mir, dass jeder Raum den angemessenen Maßstab hat, in dem sich der Mensch wohl fühlt.


Gibt es Architekten, die dich geprägt haben?
Es gibt viele Beispiele von Architekten, die mich geprägt haben. Interessant ist hier vor allem die Entwicklung, die die Architektur allein aufgrund des Wandels der Aufgaben gemacht hat.
Was den menschlichen Maßstab, die Raumerfahrung und -wirkung angeht war Le Corbusier sicherlich prägend, aber auch die traditionelle japanische Architektur. Der Sprung auf eine höhere Komplexität der Aufgaben gelang aus meiner Sicht am besten Architekten wie Richard Rogers, an dessen Arbeit mich auch die soziale, menschliche Art des Büros

faszinierte. Aktuell bin ich ein großer Verehrer von Herzog & de Meuron, deren Gebäude alle besonders, spezifisch und hervorragend gebaut sind.
Warum hast du dich für den Schritt in die Selbstständigkeit entschieden?
In meiner Zeit bei ingenhoven architects habe ich große Verantwortung in der Büro- und Projektleitung übernommen und war maßgeblich verantwortlich für die Internationalisierung des Büros. Selbstverständlich war es toll in der ganzen Welt tätig zu sein und mit international bedeutenden Kunden zusammenzuarbeiten.
Der Grund, warum ich mich nach mehr als zwanzig Berufsjahren für die Selbstständigkeit entschieden habe, ist die damit einhergehende Unabhängigkeit

und Schaffensfreiheit. Ich besitze die Möglichkeit eigenverantwortlich und auf jeglichem Projektlevel hervorragende Ergebnisse für meine Kunden zu schaffen – und dass in einem für alle Beteiligten positiveren Prozess, als es in meinem bisherigen Berufsleben möglich war.
The texts are the result of several discussions and conversations that I have had with various people over the past 10 years. I would especially like to thank Layla Dawson (+ 2015), who has made a significant contribution to clarifying my ideas and goals and putting these thoughts into words for the first time, and Miriam Witsch, who helped me to complete them.